Kommentar |
Ein Phänomen, das im Kontext der allgegenwärtigen Notwendigkeit lebenslangen Lernens nach wie vor wenig Beachtung findet, ist die bewusste Entscheidung von Beschäftigten gegen jede Form der erwerbsbezogenen (Weiter-)Bildung und damit der Widerstand gegen diese als Zumutung empfundene Obligation. „In der Zange zwischen bildungsbürgerlichen und professionellen Selbst-Verständlichkeiten, global-ökonomisch hergeleiteten Erfordernissen, sich permanent der Anstrengung neuerlicher Qualifizierung auszusetzen, und immer neuen Beweisen, dass immer mehr potenzielle Konkurrenten auf den Arbeitsmärkten sich ihr unterziehen, entsteht den dem Erwerbsleben Nahestehenden eine [stete] Bringschuld“ (Bolder/Hendrich 2000, S. 11). Eine Bringschuld, die sich heute im Zuge des digitalen Wandels auf nahezu alle Bereiche des gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Handelns erstreckt und der sich kaum ein Arbeitnehmer entziehen kann.
Umso dramatischer muten die Folgen an, falls einzelne den aus aktuellen und zukünftigen Entwicklungen resultierenden (Weiter-)Bildungserfordernissen mit Widerständen begegnen. Insbesondere dann, wenn diese (Weiter-)Bildungswiderstände Auswirkungen auf den beruflichen Alltag nehmen und den Arbeitsplatz gefährden.
Im Rahmen des Seminars soll das Phänomen des (Weiter-)Bildungswiderstands aus unterschiedlichen Perspektiven hinterfragt und mit Blick auf professionelle pädagogische Handlungsoptionen untersucht werden. Hierbei soll zunächst auf den Zusammenhang von Bildung und Widerstand im Kontext der Erwachsenen- und Weiterbildung eingegangen werden, bevor nach einer theoretischen Grundlegung des Begriffs des (Weiter-)Bildungswiderstands die Brücke zu digitalisierten Arbeitskontexten und möglicherweise dort verorteten (Weiter-)Bildungswiderständen geschlagen werden kann.
Die Leitfrage des Seminars lautet entsprechend: Wie kann im Sinne professionellen pädagogischen Handelns angemessen mit (Weiter-)Bildungswiderständen umgegangen werden?
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Literatur |
Bär, Christian/ Grädler, Thomas/ Mayr, Robert (Hrsg.)(2018): Digitalisierung im Spannungsfeld von Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Recht. Band 1: Politik und Wirtschaft. Berlin: Springer Gabler.
Bär, Christian/ Grädler, Thomas/ Mayr, Robert (Hrsg.)(2018): Digitalisierung im Spannungsfeld von Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Recht. Band 2: Wissenschaft und Recht. Berlin: Springer Gabler.
Bolder, Axel/ Hendrich, Wolfgang (2002): Widerstand gegen Maßnahmen beruflicher Weiterbildung: Subjektives Wissensmanagement. In: WSI Mitteilungen. Ausgabe 1, S. 19-24.
Euler, Dieter (2018): Bildung in Zeiten der Digitalisierung. In: Zeitschrift für Berufs- und Wirtschaftspädagogik, Band 114, Heft 2, S. 179-190.
Filla, Wilhelm (2011): Weiterbildung zwischen Anpassung und Emanzipation, Exklusion und Inklusion. In: Niedermair, Gerhard (Hrsg.): Aktuelle Trends in der beruflichen Aus- und Weiterbildung. Linz: Trauner, S. 99-114.
Holzer, Daniela (2017): Weiterbildungswiderstand. Eine kritische Theorie der Verweigerung. Bielefeld: transcript Verlag.
Ludwig, Joachim/ Grell, Petra (2017): Lerngründe und Lernwiderstände. In: Hessische Blätter, Heft 2, S. 126-135.
Meisel, Klaus (1992): Anpassung und Widerstand - Leitorientierung in der Erwachsenenbildung. In: Nuissl, Ekkehard (Hrsg.): Person und Sache: zum 70. Geburtstag von Hans Tietgens. Bad Heilbrunn/ Obb.: Klinkhardt, S. 76-84.
Walker, Eva-Maria (2017): Subjektive Aneignungspraktiken digitaler Technologien und die zugrunde liegenden Gerechtigkeitsansprüche der Beschäftigten. In: Arbeit. Jg. 26, Heft 3-4, S. 315-342.
Zöllner, Oliver (2016): Digitalisierung und Selbstbestimmung. In: TV-Diskurs. Jg. 75, Heft 1, S. 22-25.
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